Schellhammer II

Schellhammer, das Stück und die Figur, steht und fällt aber mit Winfried Wittkopp, fränkisches Original und Lokalmatador des Erlanger Theaters: Wie er im Hausmeister-Outfit, mit mausgrauem Hausmeister-Mantel und in Turnschuhen, gezielt in jedes Fettnäpfchen tritt oder dem Publikum eine Überdosis fränkischer Wurstwaren in Gestalt von "Bressagg" verabreicht, an der es vor Lachen schier erstickt; wie er sattsam bekannte ausländerfeindliche Sprüche von sich gibt, sie aber in ihr Gegenteil verkehrt, und wie er den hintersinnigen Humor und die wortwitzige Hinterfotzigkeit des "Fränggischen" beiseite schnoddert - läuft das auf eine unnachahmliche Mischung von Sitcom-Slapstickiade und bestem Volkstheater hinaus.
Fränkischer Tag, 13.12.1997

Verschreckt und von grausamen Erinnerungen gepeinigt kauert ein Kurde unter einem Schreibtisch. Mit bewegter Stimme erzählt er von Schießereien und Verfolgung. Auf dem Schreibtisch hackt der Hausmeister im Takt von Maschinengewehrsalven Gemüse klein.
Dieses tragisch-komische Zusammenspiel ist einer von vielen atmosphärisch dichten Höhepunkten der neuesten Produktion des Theaters Erlangen. Schellhammer II - Fleischia Stiggle hatte in der Garage Premiere. Die zweite Folge der erfolgreichen Hausmeisterserie ist bedeutend packender als der erste Teil. Autor Helmut Haberkamm gelang eine Fokusverschiebung vom vordergründig Komischen hin zur tiefgreifenden Auslotung eines gebrochenen Menschen. Funktionierte der erste Teil noch als witzige Wiedererkennungsrevue, so steht im zweiten Teil das persönliche Schicksal des scheinbar ewig grantelnden Hausmeisters im Mittelpunkt. Winfried Wittkopp spielt nicht nur den Schellhammer, er lebt ihn auf der Bühne. Ebenso brillant agiert Marion Plieth als die kurzsichtige Tanja, die im Theater vorsprechen will. In dem Glauben, daß der Hausmeister Einfluß auf die Besetzungsentscheidung habe, schmeißt sie sich an ihn ran. Schellhammer schwankt zwischen peinlichem Berührtsein und auflodernder Leidenschaft.
In solchen Momenten offenbart sich die feinnervige Regiearbeit von Karin Drechsel. Nicht nur aus der Gleichsetzung des im Theaterkeller hausenden illegalen Kurden Mechmed (genial: Erçan Karaçayli) mit dem Phantom der Oper, sondern auch aus der jüngsten kulturpolitischen Vergangenheit um den Fortbestand des Theaters Erlangen macht Karin Drechsel eine kohärente Nummernrevue. (...)
Eine sehenswerte Fortsetzungsgeschichte und eine geschlossene Ensemble-Leistung.
Nürnberger Zeitung, 13.12.1997

 
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