Schellhammer I

Ein richtiger Hausmeister ersetzt die Axt im Walde. So ein Mann für alle Fälle ist der Schellhammer, Konrad. Kein gewöhnlicher Schlüsselverwalter, sondern der eigentliche Herr im Hause. Sein Arbeitsplatz befindet sich im Keller des Erlanger Theaters. Ohne ihn läuft nichts.
Schellhammer heißt die Titelfigur eines fränkischen Dramas, das als Serie angelegt ist. Mit der ersten Folge gab der junge Dialekt-Dichter Helmut Haberkamm sein Theaterdebüt und sorgte für eine handfeste Überraschung. (...) Bei der Uraufführung im Erlanger Garagentheater wurde der Hoffnungsträger neben dem ausgezeichneten Bühnenteam begeistert gefeiert. (...)
Schellhammer ist eine Traumrolle für Winfried Wittkopp. Er schafft es auf eine packende Weise, die schrullige Figur durch die verschiedenen Zeit- und Bewußtseinsebenen in vielen Facetten zu entwickeln: Die verlorenen Träume und geheimen Sehnsüchte eines vom Schicksal Betrogenen. Seine derbe Ausdrucksweise benützt er als Schutzschild und als Waffe gleichermaßen. (...)
Der symbolhaft überhöhte Schluß geht unter die Haut: Wittkopp hockt nach einem irrwitzigen Tanz wie der Filmheld Birdy nackt auf dem Schreibtisch. Hausmeister sind auch nur Menschen, und Erlangen ist überall. Irritierend und sehenswert!
Nürnberger Nachrichten, 26./27.10.1996

Der Lyriker Helmut Haberkamm bleibt auch bei seinem Theater-Debüt ein lustvoll mit Phrasen und Phantasie spielender Autor, legt die Witzfigur als Komik-Köder aus und biegt dann allmählich das bekannte Unwesen im grauen Kittel zum unbekannten Wesen um, das beim Blick in den Spiegel in Metaphern spricht und vom Gipfelstürmer zum Häufchen Elend schrumpft. Das funktioniert nicht immer bruchlos. Denn Gfärbda Spoozn, Folge 1 von Schellhammer, ist weniger Pilotfilm als Trailer, der auf drei Zeitebenen ganze Farbkübel voll Lokalkolorit sammelt und am Ende als geschlossenes Schauspiel dasteht. Schellhammer würde zur Aufführung sagen: "Baßd scho". Der Beifall war danach.
Abendzeitung Nürnberg, 26./27.10.1996

Gfärbda Spoozn, der erste Teil, war in Erlangen ein Publikumsrenner. Nicht zuletzt, weil dieser fränkische Normalverbraucher mit den ganz einfachen Sehnsüchten und dem liebenswerten "Badscher" von Winfried Wittkopp kongenial verkörpert wurde. Gar keine Kunstfigur war das mehr, sondern ein ganz realer Mensch, auch wenn er in seinem Verhau von verblichener Markgräfin und toter Mutter heimgesucht wurde. Haberkamm gelang es, die mit Vorsicht zu genießende Gattung des fränkischen Mundart-Stücks von volkstümelnder Anbiederung zu befreien. Nicht der pure Dialekt und eine daraus resultierende plumpe Stammtisch-Heiterkeit standen im Vordergrund, die vertraute Sprache ließ vielmehr intime Gefühle, Ängste, Freude und absurde Phantasien als etwas ganz Normales zu.
Nürnberger Nachrichten, 13.12.1997

 
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