Leem aufm Babbier

Erstaunlich ist die thematische Bandbreite und gedankliche Tiefe dieses Bandes. Das reicht von selbstironischen Reflexionen zu modischer Mundartdichtung über Liebesgedichte bis hin zur Auseinandersetzung mit dem Fremdsein in der Heimat, dem Heimkommen und Fortgehen. Haberkamm blödelt nicht herum, sondern nimmt den nuancenreichen, handfesten Dialekt und die Menschen, die ihn sprechen, ernst. Zu den schönsten Beispielen zählen für mich die einfühlsamen Porträts in dem Kapitel "Leem aufheem": Sprache als Vermächtnis, Fortleben auf Papier.
Nürnberger Nachrichten, 19.9.1995

Helmut Haberkamms besondere Stärke sind literarische Portraits. Einfache Menschen, Durchschnittsexistenzen in ihrer alltäglichen Tragik und Randerscheinungen der dörflichen Gesellschaft bewahrt er dank seiner überwältigenden Sprachkraft vor dem Vergessenwerden. Kleine Leute, nach denen sonst kein Hahn mehr krähen würde, entfalten ganz neues Leben auf dem Papier.
Plärrer, Heft 11/1995

Fazit: ein intellektuell genußvolles Spiel mit Worten, Haltungen, Rollen und "Verzettelungen" aller Art, das dem Leser auf diesem "Babbier" begegnet.
Bayerische Rundschau, 4./5. November 1995

Haberkamm ist zur Zeit das munterste Pferd im fränkischen Lyrik-Stall. Ein PS-Sondermodell mit wunderbar nagelndem Sprach-Motor. (...) Frech, sarkastisch und mit der tiefen Melancholie eines "nebligen Landstrichs" holt er in "verstaubten Geschichten" die Veteranen heraus und die anderen Gestrandeten, die Vernissagen-Visagen und die Veranda-Generation, die ihren geregelten Weg nicht geht, sondern fährt. Die Brutalität der Idylle und die Ohnmacht des Wohlstands.
Haberkamm ist ein Lyriker, dessen Geschichten felsenfest auf der rauhbeinigen Sprache ruhen. Pointierte Geschichten, die das Leben ritzt, Sprachlandschaften, durch die bedrohliche Konsonanten-Lawinen pflügen. Haberkamm ist "eggsbressief" und "eggsdreem". Zum Glück.
Abendzeitung Nürnberg, 18.9.1995

Wie in den vergangenen Bänden besticht Haberkamm durch seinen unerschöpflichen Reichtum fränkischer Ausdrücke und durch eine einzigartige rhythmische Begabung... Mit dieser Trilogie hat sich Haberkamm wohl auf Dauer einen wichtigen Platz in der Geschichte fränkischer Mundartdichtung erschrieben.
Frankenland, Heft 1, Februar 1996

Der innovativste fränkische Dialektlyriker der 90er Jahre jedoch ist Helmut Haberkamm. (...) Gerade in seinem letzten Gedichtband, Leem aufm Babbier (Leben auf dem Papier), zeigt sich Haberkamm als elegischer Sammler, als grübelnder Aufbewahrer, den immer wieder das unbarmherzige Verstreichen von Zeit, die rigorose Vergänglichkeit von Menschen samt ihren Bildern, Geschichten und Werten anfällt. Hier ist kein "Heimatdichter" am Werk, dem der Dialekt Vehikel zur Verlustierung oder Nostalgie ist; vielmehr lotet hier ein Literat mit "seiner" Sprache Abgründe und Untiefen menschlicher Existenz aus. (...) Haberkamm stellt die sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten des Dialekts eindrucksvoll unter Beweis. Immer von neuem spielt er mit genau den Floskeln, Formeln und Wendungen, in denen auf knappstem Raum eine Mentalität zur Gerinnung kommt. (...) Es ist also die Differenziertheit von Haberkamms poetischem Blick, die Intensität, mit der er "Sprooch aufleem" (...), also Sprache aufleben lässt, und schließlich die Verwendung neuer medialer Präsentationsformen, die die Dialektlyrik hier weit über die gewohnten Beschränkungen hinaus und möglicherweise an ihre Grenzen treibt.
Ortwin Beisbart / Klaus Maiwald, Dialekt in der Literatur - ein Aspekt von Regionalität im Zeitalter der Globalisierung? (2002)

 
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