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Frankn
lichd nedd am Meer Als Karpfengegend ist der Aischgrund weithin bekannt, auf der Literaturlandkarte bisher ein weißer Fleck. Das könnte sich jetzt ändern. Frankn lichd nedd am Meer heißt der literarische Erstling von Helmut Haberkamm, der sich damit als Hecht im Karpfenteich der fränkischen Dialektdichtung zu erkennen gibt. Seit der großen Dialektwelle der siebziger Jahre, die in Franken von Fitzgerald Kusz, Gerhard C. Krischker und Lothar Kleinlein ausgelöst wurde, hat es hier kein so überzeugendes und erfrischendes Dialekt-Debüt mehr gegeben. Nürnberger Nachrichten, 10.11.1992 Da ist es dann richtig wohltuend, wenn endlich wieder einmal einer gegen den Strom schwimmt und mit punktgenauer Treffsicherheit Stärken und Schwächen der Zeitgenossen entlarvt, und zwar so, "wie ihm der Schnabel gewachsen ist". Und genau das macht Helmut Haberkamm in seinem Debütband Frankn lichd nedd am Meer. Hier begegnet uns Mundartdichtung aus der Distanz und im besten Sinn des Wortes. (...) Im Mikrokosmos des dörflichen Daseins spiegeln sich Glück und menschliches Leid, Leben und Tod, Vergangenheit und Hoffnung - eben wie überall auf der "großen Bühne" des Lebens. Aber auch Historisches, dessen Wirkung sich weit in unser Heute hineinzieht, greift Haberkamm auf. Er versteht es zum Beispiel meisterhaft, die "ganze Nachkriegszeit" in das Gedicht Seidn Griech zu packen. (...) Was eigentlich ist nun dieser Autor, der (...) sich aus der engen Welt seines Dorfes fortmachte (...)? Ich denke, er ist eine ganze Menge: hartnäckiger Spurensucher, scharfsinniger Analytiker, wortgewandter Geschichtenerzähler und phantasievoller Poet. Vor allem Letzteres. Nachdenklich und ernst, aber auch heiter und humorvoll setzt Haberkamm seine Akzente. Er entlarvt menschliche Schwächen, betont jedoch ebenso das Liebenswerte fränkischer Traditionen und Lebensgewohnheiten. Und noch etwas ist außergewöhnlich: Man legt das Buch nach der Lektüre nicht einfach weg, man hält es fest und beginnt nachzudenken, denn die Gedichte zwingen dazu. Fürther Nachrichten, 29.10.1992 Das Paradox ist, daß Haberkamms gelungenste Gedichte dieses Bild von der kleinen engen Welt des Franken fortlaufend bestätigen, aber durch ihre Existenz zugleich Zeugnisse dafür sind, daß sich selbst ins Fränkische noch etwas Poesie einschmuggeln läßt. Haberkamms Stärke sind kleine lyrische Genre-Erzählungen, aber beileibe keine verniedlichenden Idyllen. Nürnberger Zeitung, 12.12.1992 Somit ist sein Buch - neben einer geschriebenen Galerie von Lebensbildern durchschnittlicher Dorfbewohner, die sonst in Vergessenheit geraten würden - auch eine Bestandsaufnahme seiner bisherigen Biografie. Die persönliche Bilanz zeigt einen Grenzgänger mit gemischten Gefühlen, der hin- und hergerissen ist zwischen "Zu- und Abneigung" angesichts des Aischgrunds, zwischen "Sehnsucht nach Franken und Fernweh" (Fitzgerald Kusz).Trotz derlei Widersprüchen vermeidet Haberkamm Nostalgie ebenso wie Nihilismus in seiner lyrischen Nahaufnahme. In deren Mittelpunkt steht die geistige und geographische "Heimat", ein inflationärer Begriff, den er nur ein einziges Mal wortwörtlich gebraucht - im Zusammenhang mit "Holzweg". Plärrer, Nürnberg, November 1992 Helmut Haberkamm, längst ein Geheimtip der "Mundartszene", hat seinen ersten Gedichtband veröffentlicht und sich spätestens damit gleich in die erste Reihe der fränkischen und darüber hinaus deutschen Mundartautoren eingereiht. Haberkamm, in Dachsbach im Aischgrund aufgewachsen, beherrscht seine ländliche Mundart in ihrer ganzen Vielfalt an Ausdrücken und Wendungen. Wie bei wenigen Autoren nur hat man den Eindruck, daß die Mundart ihm keine bloße Literatursprache ist, sondern ihn und sein Schaffen prägt. Und doch ist Haberkamm zugleich ein intellektueller Dichter, der in der Weltliteratur, besonders der modernen angelsächsischen Poesie, zu Hause ist. Diese doppelte sprachliche, literarische Heimat macht Haberkamm wie prädestiniert zur Übertragung und Adaption großer Dichtung in die Mundart. (...) Viele seiner Gedichte sind Erzählgedichte und doch ganz etwas anderes als die heiteren Anekdoten herkömmlicher Mundartreimer. Nicht nur von der Thematik her, wo Tod, Einsamkeit, Krieg, Gewalt ihren selbstverständlichen Platz haben, auch vor allem in der Form. Haberkamm beherrscht, geschult an seinen angelsächsischen Vorbildern, die rhythmisierte Langzeile wie kaum ein anderer Mundartdichter. Füllt er die Zeilen mit den der Mundart eigenen Füllwörtern, "Pausenzeichen", eingeschobenen Wendungen, so ist dies kein Füllen um des Reims oder Rhythmusses willen, sondern lebendige Sprache. Es scheint, als ob die gesprochene Mundart selbst poetischen Charakter erhält. Wo andere Autoren originalen Sprachgebrauch der ländlichen Mundartsprecher denunzieren, wird er durch Haberkamms Formgefühl aufgewertet, der Poesie einverleibt. (...) Wenn ein fränkisches Mundartbuch des Jahres zu küren wäre, Haberkamms Frankn lichd nedd am Meer wäre mein erster Kandidat. Frankenland, Heft 3, März 1993 Helmut Haberkamm hat sein Heimatdorf nicht auf den Sockel der Verherrlichung und des schönen Scheins gestellt; er berichtet auch Böses, Trauriges, menschlich Abgründiges, er schildert das mühsame Leben und die harte Arbeit der Bauern, den Rückgang des Bauernstandes, das verbitterte Leben der Austrägler, die Problematik des Alterns und der Vereinsamung, wenn die Kinder "aus dem Haus" sind, er schildert den Tod, der hingenommen wird als Schlußpunkt eines beschwerlichen Lebens. Darüber hinaus nimmt Haberkamm Historisches auf, nicht zuletzt auch die dörfliche Auseinandersetzung mit dem Dritten Reich, dem Krieg und der Nachkriegszeit, doch nie vordergründig, sondern als vorsichtiger Spurensucher. Erlanger Nachrichten, 3.6.1993 |
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