Die Fichtn im Weiher
Presse und Kritik


Wann haben Sie zum letzten Mal ganz ungetrübt Tränen gelacht? Und wann durften Sie sich plötzlich wieder wie ein Kind fühlen, das vielleicht zum ersten Mal den Zauber des Theaters erlebt? Egal, wie lange es her ist, jetzt gibt es endlich eine One-Man-Show mit vielen Gesichtern, die dieses Glück und noch einiges mehr zu bieten hat: mit der fränkischen Kerwa-Komödie "Die Fichtn im Weiher odder Vier Tempramente in voller Fahrt", die der in Spardorf lebende Autor Helmut Haberkamm dem wunderbaren Schauspieler, Sänger und Puppenspieler Stefan Kügel gekonnt auf den Leib geschrieben hat.

Schon die professionelle Sorgfalt, mit der das kleine, aber feine Theater Kuckucksheim in Heppstädt bei Adelsdorf die Uraufführung am Freitag vorbereitet hat, nimmt sofort ein. Das Programmheft hat eine Qualität, wie sie manch größere Bühne missen lässt; die volkstümliche, aber nicht tümelnde Ausstattung ist geschmackvoll und steckt voller Überraschungen; die treffsicher gestalteten Handpuppen wirken immer wieder anders, obwohl sie doch nur einen Gesichtsausdruck haben; die von Könnern eingespielte Begleitmusik ist so gut abgemischt, dass man die Konserve gar nicht als solche wahrnimmt; die einfallsreiche Regie schließlich gibt dem Alleskönner, dem zwischen Puppenspiel, Schauspiel und Gesang hin- und hergerissenen Hasardeur auf der Bühne die Feiheit, sich ganz auf sein aberwitziges Verwandlungsspiel zu konzentrieren.

Fränkischer Tag (Bamberg), 13. Mai 2008



In der Heppstädter Kuckucksheim-Theaterscheune im Landkreis Erlangen-Höchstadt lassen Kügel und Haberkamm also vier höchst unterschiedliche Archetypen aufeinander los, die mit- und gegeneinander an einem unangenehmen Problem zu arbeiten haben - sie sitzen nämlich auf einem Floß mit der von ihnen zu bewachenden Kerwa-Fichtn fest, das nach einem Unwetter auf offener See treibt.

Akkurat aufgedröselt nach der klassischen Temperamentenlehre kommen die vier Herrschaften daher, was den Sanguiniker Sanka, den Melancholiker Muli, den Phlegmatiker Fleggo und den Choleriker Koller verständlicherweise zu den allerheftigsten Interaktionen und Wortscharmützeln veranlasst. Wie immer bei Haberkamm vermengen sich dabei Typenkomik, genaue Beobachtungsgabe, vordergründige Späße und tieferer Hintersinn.

(...) Als personal auftretender Kerwa-Michel darf (Stefan Kügel) sich anfangs zudem im schönsten Dialekt eine fränkische Kerwa zusammenreimen, wie es sie wahrscheinlich nur noch in nostalgisch verbrämter Fantasie gibt. In solchen Momenten läuft Autor Haberkamm stets zu seiner größten Größe auf: Die ge- und erdachte und er- und gefühlte Visualisierung einer beinahe komplett verschwundenen Welt.

Allzuviel braucht es ja auch nicht für die optische Umsetzung: eine Leinwand mit einer Dorfansicht, ein stilisierter Floß-Aufbau und eben die Kerwa-Fichtn. Dazwischen Stefan Kügel, der wie ein Derwisch den Charakter nahezu pausenlos wechselt oder auch selbst "mitspielt" - glänzend animierte Puppen hier, leibhaftig gespielter Figuren da.

Wie diese vier Temperamente miteinander umgehen, wie sie streiten, schimpfen, essen und lachen, ihr Schicksal bedauern oder tatkräftig die Ärmel hochkrempeln - das ist ein faszinierender Reigen allzu menschlicher, nicht bloß fränkischer Befindlichkeiten, in breitem Dialekt und von wunderschön instrumentierten Songs (Musik: Dietmar Staskowiak) begleitet. Und wie ein Schmuggler unterfüttert der Autor den Spaß immer wieder mit seiner nachdenklichen Alltagspoesie.

Nürnberger Nachrichten, 13. Mai 2008


Eine fränkische Kerwa-Komödie erfüllt die klassischen Forderungen an die (Theater-)Kunst: docere, delectare et movere - belehren, unterhalten und bewegen: Helmut Haberkamms und Stefan Kügels neuer Geniestreich "Die Fichtn im Weiher" besitzt diese dreifache Wirkung im besten Sinne. Beeindruckt, begeistert und ein bisschen aufgewühlt verließen die Gäste nach der Premiere im Dehnberger Hof-Theater den Vorstellungsraum.

(...) Regelmäßigen Zwischenapplauses darf sich Stefan Kügel sicher sein, wenn er als einer der vier in voller Schauspielgröße auf die Hauptbühne tritt, in exakt der gleichen Kleidung, mit exakt dem gleichen Gesichtsausdruck wie die Puppen.

Wie er es schafft, sich in der engen Floßhütte während des Puppenspiels immer wieder umzuziehen, bleibt sein Geheimnis. Ebenso, wie es ihm gelingt, zwischen den Stimmen und sprachlichen Eigenheiten der vier Figuren in ständig fliegendem Wechsel umzuschalten. Daran, dass er in seinem eigenen Theater, dem "Kuckucksheim" in (Heppstädt bei) Adelsdorf, auch noch selber Licht und Ton steuert, ist gar nicht zu denken.

Wer nach zwei kurzweiligen Stunden herausgefunden hat, welchem der vier Charaktere er selbst und die ihm Nahestehenden zuzuordnen sind (...), der kann sich im schön und aufwändig gestalteten Programmheft noch näher über die klassische Temperamentenlehre informieren.

Es empfiehlt sich aber auch, nicht zuletzt um den Haberkammschen Sprachwitz wirklich im Detail erfassen zu können, das Stück mindestens ein zweites Mal anzuschauen.

Pegnitz-Zeitung (Lauf), 20. Mai 2008


Bäume ausreißen könnte der Typ. Nicht nur "Die Fichtn im Weiher" dieser "fränkischen Kerwa-Komödie". Stefan Kügel pflügt im neuen Solo, das ihm Helmut Haberkamm, als Jäger des verlorenen Wortschatzes der Indiana Jones der Dialekt-Poesie, erneut auf den Bauch und Brauch geschrieben hat, durch eine seltsam "koperneckische Gschicht". Handfeste Volks-Comedy zum Kügeln, volle Kraft voraus ins Wunderland der Blutdruckgebiete, dass es nur so eine Mundart ist. (...)

Helmut Haberkamm, der Autor des Kultstücks "Ka Weiber, ka Gschrei", kippt auch hier Körpersäfte ins Reagenzglas und schüttelt gut durch. Und Stefan Kügel, der als Kirchweih-Lader mit Schellenbaum und frecher Gosch'n gleich die Dimension des Figurentheaters sprengt, wandelt die "vier Tempramente" bei Bedarf in volle Lebensgröße um. (...)

Manche Details sind freilich grandios. Den Gourmet-Strip mit Banane, diesem "strammen Luder", muss man einfach sehen.

Abendzeitung (Nürnberg), 13. Mai 2008

 

 
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